Betriebsschließung – wenn der Betrieb infiziert ist…
Bei der Verarbeitung von Lebensmitteln ist eine besondere Sorgfalt geboten. Profis aus Gastronomie und Lebensmittelhandel sind mit den Vorschriften rund um den Umgang mit frischer Ware daher bestens vertraut. Trotz größter Sorgfalt können Krankheitserreger in den Betrieb gelangen – zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter können die zuständigen Behörden eine vorübergehende Schließung der Betriebsstätte anordnen. Ausbleibende Einnahmen einerseits und zusätzliche Kosten andererseits sind das Schreckens-Szenario eines jeden Unternehmers. Gut dran ist, wer für diesen Fall mit einer Betriebsschließungsversicherung rechtzeitig Vorsorge getroffen hat.
Was ist eine Betriebsschließungsversicherung?
Die Betriebsschließungsversicherung ersetzt dem Unternehmer die Kosten, die im Zusammenhang mit einer behördlich angeordneten Schließung des Betriebs entstehen. Eine behördliche Schließung kann schon beim kleinsten Verdacht auf eine Infektionsgefahr erfolgen. In einem solchen Fall möchten die Behörden mögliche Gefahren für Dritte abwenden und berufen sich hierbei auf das Infektionsschutzgesetz ( IfSG ).
Eine Betriebsschließungsversicherung stellt eine Ergänzung zur gewerblichen Inhaltsversicherung dar und übernimmt – ähnlich, wie bei einer Betriebsunterbrechungsversicherung – die während der Dauer der Schließung anfallenden Kosten ( diese werden weiter unten näher erläutert ).
Warum ist eine Betriebsschließungsversicherung sinnvoll?
Natürlich fragen sich Firmeninhaber, warum ein solches Szenario gerade ihren Betrieb treffen soll. Mögliche Schäden werden mit Hinweis auf eine sorgfältige Arbeitsweise, geschultes Personal und regelmäßige Kontrollen des versicherten Betriebs – oftmals vorschnell – ausgeschlossen.
Bevor die Versicherung allzu schnell ad acta gelegt wird, gilt es auch folgendes zu bedenken: Auch durch die Lieferkette ( Importe ) können Krankheitserreger ins Unternehmen gelangen. Und auch die beschäftigten Personen können nach einer Reise – neben tollen Urlaubserinnerungen – eine Krankheit im Gepäck haben.
Wer benötigt eine Betriebsschließungsversicherung?
Die Betriebsschließungsversicherung ist sinnvoll für alle Betriebe, die Lebensmittel herstellen, verarbeiten oder weiterverkaufen. Hierunter fallen u.a. das Hotel- und Gaststättengewerbe, aber auch Handels- und Dienstleistungsunternehmen mit Kunden- oder Patientenkontakt.
Lebensmittel produzierende Betriebe sind besonders betroffen
Die finanziellen Folgen einer Betriebsschließung trifft Unternehmen der nachfolgend genannten Branchen besonders hart, weil – neben den fortlaufenden Kosten während der Schließung – auch noch Kosten für die Vernichtung eventuell infizierter Vorräte hinzukommen.
- Hotels, Gaststätten, Kantinen.
- Bäckereien, Konditoreien, Cafe`s, Eisdielen.
- Molkereien, Käsereien.
- Schlachtereien, Metzgereien.
- Feinkost- und Delikatessenhandel.
- Lebensmittelgeschäfte, Lebensmittelherstellung.
- Hersteller von Tiefkühlprodukten, Konservenfabriken.
- Cateringservice, Eventgastronomie, Sushi & Co.
Nachfrage während des Corona-Virus deutlich gestiegen
Im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Corona-Virus im März und April 2020 ist die Nachfrage nach dieser besonderen Form der Betriebsunterbrechungsversicherung erheblich gestiegen. Allerdings reagieren die Versicherer im Moment zurückhaltend bei der Zeichnung neuer Risiken.
Welche Schäden übernimmt die Betriebsschließungsversicherung?
Die Frage nach dem passenden Versicherungsschutz geht einher mit den Maßnahmen, die von behördlicher Seite gegen den Betriebsinhaber angeordnet werden können, denn diese sind keinesfalls auf die reine Betriebsschließung beschränkt.
Diese Maßnahmen können von den zuständigen Behörden gegen den Betrieb verhängt werden:
- Schließung des gesamten Betriebs oder ein gegen sämtliche Mitarbeiter gerichtetes Tätigkeitsverbot.
- Anordnung einer Entseuchung ( Desinfektion ) der Betriebsstätte.
- Vernichtung sämtlicher Vorräte oder deren anderweitige Weitergabe ( z.B. als Tierfutter ).
- Ermittlungs- und Beobachtungsmaßnahmen.
- Tätigkeitsverbote gegen einzelne Mitarbeiter oder den Inhaber.
Diese Leistungen und Kosten sind versichert
Passend zu den oben beschriebenen fünf Schutzmaßnahmen, bietet die Versicherung eine entsprechende Kostenübernahme im Schadensfall. Dieses sind im Einzelnen:
1. Kostenübernahme bei Betriebsschließung
Hierunter fallen die fortlaufenden Personal- und Betriebskosten, sowie der entgangene Gewinn für die Dauer von maximal 30 Tagen, wenn eine Behörde den Betrieb aufgrund des Infektionsschutzgesetzes schließt oder ein Tätigkeitsverbot gegenüber der gesamten Belegschaft verhängt.
2. Kosten für die Übernahme einer Desinfektion der Betriebsräume
Der Versicherer ersetzt die Kosten für das Desinfizieren der Betriebsräume und des Inventars. Kann diese Schutzmaßnahme nicht im laufenden Geschäftsbetrieb durchgeführt werden, werden auch die Kosten für die vorübergehende Betriebsunterbrechung übernommen.
3. Vernichtung von Waren und Vorräten
Zur Leistung der Versicherung gehören auch die Kosten für die Entsorgung von kontaminierten Vorräten, bzw. deren Abgabe zum Minderwert für andere Zwecke.
4. Ermittlungskosten
Bei meldepflichtigen Krankheiten müssen die Gesundheitsbehörden tätig werden. Die anfallenden Ermittlungs- und Beobachtungskosten werden von der Betriebsschließungsversicherung übernommen.
5. Personalkosten bei Tätigkeitsverbot
Gilt nur für einzelne Mitarbeiter ein Tätigkeitsverbot, werden die laufenden Personalkosten für maximal 6 Wochen übernommen. Versicherungsschutz besteht auch, wenn der Inhaber persönlich von dem Verbot betroffen ist. In diesem Fall werden die Kosten für die Einstellung einer Ersatzkraft bezahlt.
Beispielhafte Schadenfälle für die Betriebsschließungsversicherung
Versicherungen sind – zugegeben – eine sehr „trockene“ Thematik. Weitere Informationen zum Versicherungsschutz bei Betriebsschließung liefern die nachfolgenden Beispiele:
Gefahr durch Salmonellen
In einem Eiscafe erkranken dutzende Gäste an einer Salmonellenvergiftung. Die zuständige Behörde ermittelt den Sachverhalt und nimmt Proben. Im Anschluss werden die Geschäftsräume gründlich desinfiziert und die vorhandene Ware entsorgt. Das Unternehmen verliert zwei Wochen Umsatz in der Hauptsaison.
Heimtückische Krankheit
Die Mitarbeiterin eines Backshops erkrankt kurz nach einer Asien-Reise und klagt über hohes Fieber und Übelkeit. Gegenüber dem Unternehmen wird eine behördliche Schließung angeordnet, weil die Mitarbeiterin bereits mit dem übrigen Personal in Kontakt war und es sich um eine meldepflichtige Krankheit handelt. In der Folge ruht der Geschäftsbetrieb für drei Wochen, zudem wurde eine Entseuchung des Geschäfts sowie eine Entsorgung der Backwaren behördlich verfügt.
Wie wird die Entschädigung genau berechnet?
Von einem Schaden betroffene Versicherungsnehmer müssen dem Versicherer betriebswirtschaftliche Unterlagen ihres Unternehmens für die Schadensregulierung zur Verfügung stellen. Aus den Zahlen zum Jahresumsatz und zum Wareneinsatz ( vor Eintritt des Schadens ) wird eine Tagesentschädigung errechnet, welche die sonstigen fortlaufenden Kosten und den Gewinn enthält.
Die Versicherung zahlt dann die vereinbarte Tagesentschädigung für die vereinbarte Dauer aus. Eingesparte Personalkosten ( z.B. durch Kurzarbeit ) mindern den Schaden und somit auch die Tagesentschädigung.
Wie bekomme ich eine Betriebsschließungsversicherung?
Die Klausel Betriebsschließungsversicherung ist eine Ergänzung zur Inhaltsversicherung. Interessierte sollten sich in einer persönlichen Beratung ein individuelles Angebot zur Erweiterung, beziehungsweise zum Neuabschluss erstellen lassen. Stand heute ( April 2020 ) ist allerdings ungewiss, wie dieser Versicherungsschutz in Zukunft – nach der Corona-Krise – gestaltet sein wird.
www.gewerbe-profi.de
Mirko Bubig